Benelux-Gipfel: Gemeinsame Erklärung: Das Benelux, Vorreiter für Nachhaltigkeit und Innovation
Als Premierminister von Belgien, Luxemburg und den Niederlanden sehen wir das Benelux als einzigartige Regionalorganisation, die mit gutem Beispiel vorangeht, um Lösungen für grenzüberschreitende Themenkreise zu finden, von denen unsere Länder, Bürger und Unternehmen betroffen sind. Wir unterstreichen die herausragende Rolle, die das Benelux bei der Stärkung des EU-Binnenmarkts einnimmt. Unser Ziel ist es, das Benelux in Sachen Nachhaltigkeit und Innovation zum Vorreiter innerhalb der Europäischen Union zu machen. Von diesem Ziel geleitet, haben wir uns auf die nachfolgenden Punkte verständigt.
2. Mit dem Ziel, in unseren Ländern Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, werden wir Maßnahmen ergreifen, um den europäischen Binnenmarkt nach 2017 stärker zu integrieren sowie sicherer und ausgewogener zu machen:
· Aus der Studie Benelux Retail 2025[1] geht hervor, dass der gemeinschaftliche Benelux-Markt auf dem europäischen Kontinent nach Deutschland und Frankreich den größten Markt bildet. Auf der Grundlage der zwischen November 2016 und April 2017 durchgeführten Erhebung, deren Ergebnisse bis Ende des Jahres veröffentlicht werden, wird die Benelux-Arbeitsgruppe für territoriale Angebotsbeschränkungen ihre Bemühungen koordinieren, um diesen Beschränkungen zu begegnen. Das Benelux wird sich darum bemühen, nationale Unterschiede zu identifizieren, die den Einzelhandel im Benelux daran hindern, sein Potenzial voll auszuschöpfen wie zum Beispiel die abweichenden Produktanforderungen.
· Um das beim Gipfel im Oktober 2016 gestartete Projekt „Digital Benelux“ weiter auszubauen, werden wir unter Einbeziehung des Digitalgipfels von Tallinn und der kollektiven Zusage, dies auf europäischer Ebene umzusetzen, bestehende Hemmnisse für Unternehmen und Konsumenten identifizieren, wobei der Schwerpunkt auf dem Markt für Online-Dienstleistungen und digitale Innovation liegt.
· Um die Integration des Binnenmarktes zu vertiefen und die Wirtschaftsentwicklung zu fördern, wird die grenzüberschreitende Beförderung von Waren und Personen in den Grenzregionen gestärkt und verbessert werden. Die Mobilitätsplattform wird zu einer intensiveren Zusammenarbeit in den Bereichen Transport und Mobilität beitragen, sodass die Marktstellung unserer Länder entsprechend gestärkt wird.
3. Wir werden unsere Industrie bei ihren Bemühungen, in Sachen Innovation und Nachhaltigkeit innerhalb der EU eine Vorreiterrolle einzunehmen, unterstützen, und dabei die Energiewende fördern. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Initiative der Europäischen Kommission zur industriellen Strategie[2]. Dieser Strategie müssen nun konkrete Aktionen folgen, zu dem muss sie mittelfristige Zielvorgaben enthalten. Wir werden gemeinsame Initiativen starten, um die Innovationskraft unserer Industrie zu stärken, sodass sie angesichts der zunehmenden Digitalisierung und des Übergangs zu einer schadstoffärmeren und nachhaltigeren Wirtschaft von den sich bietenden Chancen profitieren und die entsprechenden Herausforderungen annehmen kann:
· Wir werden einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeiten mit dem Ziel einer möglichst großen Verzahnung unserer Industrie mit der europäischen Industrie.
· Wir werden unsere Position als Plattform für die regionale Zusammenarbeit im Energiesektor verstärken, um daraus eine Energieunion werden zu lassen.
· Am 1. Dezember 2017 starten wir den Testlauf für den elektronischen Frachtbrief innerhalb des Benelux. Dadurch werden die Kosten für den administrativen Aufwand erheblich gesenkt.
· Unsere Fachleute werden die allgemeine Übereinkunft zum Krisenmanagement im Sinne des Benelux-Abkommens (2006[3]) für die Vorbereitung und den Einsatz bei Nuklearkatastrophen sowie im Bereich der Nuklearsicherheit weiter ausarbeiten.
4. Wir werden Arbeitsmarktinformationen und -daten austauschen, um in den Benelux-Grenzregionen eine grenzüberschreitende Beschäftigungspolitik verfolgen zu können:
· 2018 werden wir Arbeitsmarktinformationen und -daten aus dem nördlichen Teil des Benelux sowie die entsprechenden Angaben aus dem südlichen Teil der Region veröffentlichen, um damit eine vollständige Übersicht über den Gesamtarbeitsmarkt des Benelux zu bieten und einen Gestaltungsbeitrag für die Politik auf Benelux- und europäischer Ebene zu leisten.
· Wir werden die Anerkennung von Hochschulabschlüssen vereinfachen und die Benelux-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsausbildungen 2018 fertigstellen.
5. Wir werden die Zusammenarbeit auf strategischer und operativer Ebene im Bereich der Sicherheit maximieren, um so besser die grenzüberschreitende Kriminalität bekämpfen zu können.
· Wir werden unsere Zusammenarbeit über die Modernisierung des Vertrags von Senningen stärken, wobei die wichtigen und relevanten Entwicklungen innerhalb der EU seit 2004 einfließen werden. Insbesondere werden wir mehr Möglichkeiten auf den Gebieten des Datenaustauschs, grenzüberschreitender Ermittlungen und strafrechtlicher Verfolgung schaffen. Unsere zuständigen Minister werden so schnell wie möglich, d. h. noch 2017 oder Anfang 2018 zusammentreffen, um bis Mitte 2018 den aktualisierten Senningen-Vertrag auf der Grundlage eines von der niederländischen Präsidentschaft überarbeiteten Texts abzuschließen.
6. Wir werden unsere enge operative Zusammenarbeit im Bereich der Besteuerung und der Sozialabgaben intensivieren, indem wir bewährte Verfahren austauschen und mutmaßliche grenzüberschreitende Betrugsfälle verfolgen. Hierzu werden wir Empfehlungen erarbeiten, die unter der Präsidentschaft Belgiens 2018 fertiggestellt werden.
7. Als Gründungsmitglieder sind wir entschlossen, die EU mit 27 Mitgliedstaaten zu einem Erfolg werden zu lassen, der auf ihrer gemeinsamen Geschichte, ihren gemeinsamen Werten und Errungenschaften gründet:
· Wir sind fest davon überzeugt, dass eine geeinte EU von größter Wichtigkeit ist, um den gemeinsamen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen. Vor allem, wenn uns daran gelegen ist, dass die EU für unsere Bürger auch weiterhin die Quelle von Wohlfahrt und Wohlbefinden bleiben soll.
· Die EU gründet auf der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, Demokratie, Gleichheit, des Rechtsstaats und der Menschenrechte. Diese Werte bilden seit jeher das Rückgrat und Fundament für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU. Wir unterstreichen die gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten und Institutionen zur Verteidigung und zur Stärkung dieser Werte und begrüßen Initiativen, die diese stärken.
· Wir müssen weiter an einer EU arbeiten, die den Erwartungen und Zielen unserer Bürger gerecht wird, ebenso müssen wir die Schutzfunktionen und den Handlungsspielraum der EU stärken. Hierzu ist es im Hinblick auf die europäischen Wahlen von 2019 selbstverständlich erforderlich, die Arbeiten der EU in den Bereichen Gemeinsamer Markt, Migration, Sicherheit, WWU, Klima und Energie in den kommenden 18 Monaten zu beschleunigen.
8. Deshalb begrüßen wir die kommenden Diskussionen im Rahmen der „Leader's Agenda“ des Präsidenten des Europäischen Rats. Wir erkennen das Erfordernis einer stärkeren politischen Lenkung durch den Europäischen Rat, um Dynamik und Ergebnisse innerhalb der EU zu beschleunigen, an:
· Die Benelux-Länder setzen sich aktiv dafür ein, dass die im Oktober vereinbarte Agenda des Präsidenten des europäischen Rats erfolgreich umgesetzt werden kann.
· Wir unterstreichen in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament, wobei die Rolle jeder Institution und damit die in den Verträgen vorgesehene Gemeinschaftsmethode ebenso Berücksichtigung finden muss wie der Interessenausgleich zwischen allen Mitgliedstaaten. Diese Agenda muss der Verantwortung der Mitgliedstaaten für eine kohärente und rigorose Umsetzung und Anwendung des EU-Acquis gerecht werden.
· 2017 entschieden wir uns bezüglich der Diskussionen über die Zukunft der EU für einen konstruktiven Ansatz. Wir haben unsere gemeinsamen Standpunkte und den künftig zu verfolgenden Weg zum Ausdruck gebracht. Wir werden weiterhin über die Themen, auf die die EU sich in der Zeit von 2019 bis 2024 konzentrieren sollte, debattieren, insbesondere im Hinblick auf die neue strategische Agenda des Europäischen Rats von 2019.
· Wir sind fest entschlossen, die verschiedenen Binnenmarktstrategien bis 2018 fertigzustellen und umzusetzen, so wie sie der europäische Rat beschlossen hat. Wir arbeiten auch weiterhin an einer Vertiefung und größeren Ausgewogenheit des Binnenmarkts. Damit unterstreichen wir das Erfordernis einer weltweiten Wettbewerbsreglementierung. Das Benelux fordert Großbritannien auf, die Verhandlungen durch realistische und konkrete Angebote so zu gestalten, dass das für weitere Fortschritte und die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien erforderliche Vertrauen gewährleistet bleibt.
· Es wird auch weiter an einer stärkeren wirtschaftlichen und geldpolitischen Union gearbeitet, die Stabilität und Wachstum sichert. Die Priorität muss der vollständigen Nutzung des bestehenden Rahmens sowie der Fertigstellung der laufenden Initiativen gelten, insbesondere der Bankenunion. Die Roadmap to Complete the Banking Union bietet einen Rahmen für die Vollendung der Bankenunion. Darüber hinaus sind auch die Vorstellung der europäischen Säule der sozialen Rechte und die weitere Arbeit an der europäischen Sozialagenda für die Benelux-Länder von tragender Bedeutung.
· 2018, wenn das Benelux seinen 60. Geburtstag feiert, werden wir uns auch weiterhin für eine Erweiterung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit anderen Partnern in Europa einsetzen. So werden wir unsere zehnjährige Zusammenarbeit mit Nordrhein-Westfalen feiern und unsere grenzüberschreitenden Beziehungen zu Frankreich und den französischen Grenzregionen intensivieren. Wir werden weiterhin Kontakte mit anderen (Gruppen von) Mitgliedstaaten führen, wobei der Schwerpunkt auf ihrer einigenden Rolle liegen wird, um auf die länderübergreifenden Fragen unserer Zeit eine einvernehmliche und koordinierte Antwort der EU geben zu können.
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9. Wir erkennen das Erfordernis einer besseren EU-Zusammenarbeit auf dem Gebiet der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik an, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen zu können:
· Wir begrüßen den seit vergangenem Jahr zu verzeichnenden Fortschritt bei der globalen EU-Strategie im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere im Kontext der gestärkten Zusammenarbeit auf den Gebieten der Sicherheits- und Verteidigungsbemühungen. Wir begrüßen die bei der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) und der schnellen Bereitstellung eines europäischen Verteidigungsfonds bislang erzielten Fortschritte.
· Wir werden auch in Zukunft prüfen, in welchen Bereichen wir die Außenpolitik innerhalb der EU und darüber hinaus stärken können. Im Rahmen des Rats für Auswärtige Angelegenheiten haben wir erfolgreich die Schlussfolgerungen zu den externen Aspekten der Terrorismusbekämpfung angefordert (Juni 2017). Wir begrüßen die Fortführung der Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, einschließlich einer eventuellen externen EU- Strategie im Bereich der Terrorismusbekämpfung, die die EU-Sicherheitsstrategie im Innern ergänzen würde. Damit würde die Verknüpfung unserer Innen- und Außenpolitik gestärkt. Wir werden unsere gemeinsamen Bemühungen zur Förderung von Stabilität und Sicherheit in Afrika fortsetzen, einschließlich der Unterstützung der jüngst gegründeten G5 Sahel Joint Force.
· Wir haben uns aktiv an den Bemühungen zur Förderung und Stützung einer größeren Kohärenz des außenpolitischen Handelns der EU, auch auf dem Gebiet der Menschenrechte, beteiligt. Über das Format des Rats hinaus arbeiten wir auch im Rahmen der UN-Menschenrechte eng zusammen, wie unsere jüngsten gemeinsamen Bemühungen als Mitglieder der Kerngruppe für eine scharfe Resolution des Menschenrechtsrats zur Situation im Jemen zeigen. Wir werden auch weiterhin nach Möglichkeiten suchen, um die Zusammenarbeit zwischen der UNO und der EU zu stärken, insbesondere während der niederländischen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat 2018.
· Wir werden weiterhin Koalitionen bilden und den Dialog innerhalb der EU mit allen Partnern fördern, wie das bei den Visegrád-Staaten, Skandinavien und den baltischen Staaten der Fall war. Zugleich werden wir Kontakte zu Partnern außerhalb der EU über gemeinsame Besuche fördern.
[2] Investing in a smart, innovative and sustainable Industry: A renewed EU Industrial Policy Strategy’, 13 September 2017
[3] Memorandum of Understanding on cooperation in crisis management with potential cross-border implications (2006)