Königsfest: „Ein für alle offenes Bildungssystem, ein Plus für die Jugend“
Sire, gnädige Frau,
sehr geehrter Herr Kammerpräsident,
sehr geehrte Frau Senatspräsidentin,
meine Damen und Herren,
Die allgemeine und berufliche Bildung sind die Stützen einer Wohlfahrtsgesellschaft.
Die Investitionen in Humankapital, in Forschung und Innovation und das Teilen von Kenntnissen sind die beste Zukunftsvorsorge.
Eine qualitativ hochwertige Ausbildung ist auch Garant für Freiheit und persönliche Entwicklung, denn so bieten sich mehr Möglichkeiten, öffnen sich mehr Türen.
Die Ausbildung muss aber auch den Zugang zum Arbeitsmarkt fördern.
Denn Arbeit ist die beste Gewähr für eine gesellschaftliche Integration und Emanzipation.
Auch wenn unser Bildungswesen solide Zukunftschancen bietet, so sehen wir uns doch mit einer Reihe von Herausforderungen in einer sich schnell wandelnden Welt konfrontiert.
Meine Damen und Herren,
derzeit sind über drei Millionen junge Europäer (ohne Studierende) arbeitslos.
In der Europäischen Union ist die Arbeitslosenquote bei jungen Menschen unter 25 Jahren zu hoch. 17, 2 % dieser jungen Mitbürger sind auf der Suche nach Arbeit.
In Belgien liegt dieser Wert bei 18,2 %, d. h., fast jeder Fünfte ist arbeitslos.
Wir müssen alles daran setzen, damit dieser Generation echte Ausbildungschancen offen stehen, sodass sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren kann.
Wir müssen uns darum bemühen, Arbeitsplätze zu schaffen. Ebenso müssen wir darauf hinarbeiten, dass die Ausbildung den Erfordernissen des Arbeitsmarkts gerecht wird.
In Belgien wurden 146.000 Arbeitsplätze in knapp drei Jahren geschaffen. Und trotzdem gibt es noch zu viele offene Stellen.
Die Zahl der offenen Stellen hat sich in unserem Land in sieben Jahren verdoppelt.
Insbesondere ergab sich aus der letzten PISA-Studie, die die Fähigkeiten von über eineinhalb Millionen Jugendlichen im Alter von 15 Jahren sowohl in den entwickelten als auch in den Schwellenländern untersuchte, dass wir vor großen Herausforderungen stehen.
Schüler aus sozial schwächeren Milieus sowie Kinder mit Migrationshintergrund haben es schwieriger, einen Schulabschluss zu erlangen. Die Zahl der Schulabbrecher und die Wiederholungsraten sind ebenfalls für die Zukunft unserer Jugendlichen von größter Bedeutung.
Wir stellen fest, dass sich die zuständigen Behörden darum bemühen, diesen Abweichungen zu begegnen, indem sie den Schwächsten verstärkt Aufmerksamkeit zuteil werden lassen.
Die Chancengleichheit muss so früh wie möglich und auf allen Niveaus einsetzen.
Es ist eine fundamentale Frage der Gerechtigkeit und Gleichheit.
Belgien ist ein Land der Talente.
Die Förderung und die Nutzung dieser Talente müssen im Zentrum unseres Handelns stehen. Die Strahlkraft und der Wohlstand unseres Landes stehen damit in direktem Zusammenhang.
Meine Damen und Herren,
die Digitalisierung ist aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken.
So besitzen 85 % der Haushalte einen Internetanschluss, und die Hälfte von ihnen tätigt Online-Käufe.
Trotz dieser Fakten bin ich mir bewusst, dass die Digitalisierung auch Ängste schafft.
Denn jeder fünfte Belgier fühlt sich in der Digitalgesellschaft auf verlorenem Posten.
Viele Menschen finden sich in der digitalen Welt nicht mehr zurecht.
Deshalb müssen wir vor allem darin investieren, den Menschen digitale Fähigkeiten zu vermitteln, damit sie nicht abgehängt werden.
Der Digital Belgium Skills Fund, eine Initiative des Ministers De Croo und der König Baudouin-Stiftung, soll dabei helfen, die digitale Kluft zu schließen.
Eines der Projekte ist D.E.N.S., bei dem junge, digital befähigte Menschen mit älteren zusammengebracht werden.
Auf einfache Art und Weise vermitteln die jungen Mitbürger der älteren Generation digitale Grundkenntnisse, wie beispielsweise das Anlegen eines Facebook-Profils oder das Versenden eines Posts.
Es muss möglichst vielen Bürgern ermöglicht werden, ungeachtet ihres Alters und Bildungshintergrunds digitale Chancen wahrnehmen zu können.
Der Kampf gegen die Ungleichheit wird nun auch auf digitaler Ebene geführt.
Meine Damen und Herren,
in Zukunft werden bei 90 % aller Arbeitsplätze digitale Kenntnisse erforderlich sein. Wir müssen also so viele Menschen wie möglich erreichen, um niemanden abzuhängen.
Ich möchte Ihnen auch noch eine letzte Zahl nennen: Der Europäische Rat in Lissabon hat berechnet, dass auf zwei durch digitale Innovationen verloren gegangene Arbeitsplätze fünf neue geschaffen werden können.
Dies erklärt unseren Start-up-Plan, der einen attraktiveren Rahmen für Investitionen in die Digitalwirtschaft bietet.
Wir wissen, dass noch viel zu tun ist und wir vor einer großen Aufgabe stehen.
Meine Damen und Herren,
die Europäische Union handelt im Interesse der jungen Generation. Ich finde, sie müsste dies noch stärker tun.
Um den alarmierenden Arbeitslosenzahlen in einigen Ländern zu begegnen, hat die europäische Kommission 2012 ein Maßnahmenpaket zur Beschäftigung junger Menschen aufgelegt.
Die Umsetzung der 2013 verabschiedeten Garantie für die Jugend zeitigt ihre ersten Ergebnisse.
Von unseren Werten des gegenseitigen Beistands und der Offenheit geleitet, fördert Europa Austausch- und Freiwilligenprogramme zwischen den Völkern Europas.
Das 2016 geschaffene Europäische Solidaritätskorps bietet jungen Menschen die Möglichkeit, an gemeinnützigen Freiwilligenprojekten in ganz Europa teilzunehmen.
Was das Austauschprogramm anbelangt, so feiern wir dieses Jahr den 30. Geburtstag von Erasmus.
Dieses Projekt ist sicherlich einer der deutlichsten Erfolge der Europäischen Union. Zwischen 2014 und 2020 werden 3,4 Millionen Studenten am Erasmus-Programm teilgenommen haben.
Trotz dieses unstrittigen Erfolgs wurde dieses Austauschprogramm bisher nur von 3,3 % der in Frage kommenden Jugendlichen (15-29 Jahre) in Anspruch genommen.
Belgien fordert eine Ausweitung dieses Programms durch mehr Flexibilität und in bestimmten Fällen mit einer kürzeren Programmdauer.
Erasmus ist ein Strukturprogramm, das den Teilnehmern die europäischen Werte von Offenheit und Toleranz vermittelt.
Ich fordere ebenfalls verstärkt europäische Studiengänge, die es leichter machen, in anderen europäischen Ländern zu studieren.
Morgen mache ich mich auf zum Gipfel in Göteborg, wo ich diese Ideen im Namen Belgiens vorbringen werde.
Und über die Grenzen Europas hinaus müssen wir die Mobilität zwischen den Ländern des Nordens und des Südens fördern.
Im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit finanzieren wir ausgezeichnete Stipendienprogramme für Studenten und Doktoranden aus aller Welt.
Ich denke ebenfalls an die universitätsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Universitäten des Nordens und des Südens, die einen echten Dialog und eine Interaktion im wechselseitigen Interesse gestattet.
Meine Damen und Herren,
Ich bin davon überzeugt, dass wir durch Investitionen in eine größere Mobilität unter den Studenten das wechselseitige Verständnis stärken.
Bildung, Ausbildung und Austausch fördern den Respekt vor der Meinung anderer, schaffen eine Offenheit der inneren Einstellung.
Das ist eine Bereicherung für alle. Und nicht zuletzt für unsere Demokratie.
In die Mobilität unserer Studierenden zu investieren, bedeutet, die Teilung des Wissens zu fördern.
Wenn wir auf Ausbildung, Erziehung und Austausch von Kenntnissen setzen, fördern wir die Achtung und Offenheit des Geistes.
Das ist ein solider Grundstein für eine friedlichere, optimistischere Welt.
Ich danke Ihnen.